Erster Auftritt der Bundesministerin Reiche vor Startup-Publikum: „Der Glaube an die eigene Vision ist größer“

Am siebzehnten Tag ihrer Amtszeit sprach Katherina Reiche bei der Verleihung der German Startup Awards. Ein Signal: Die neue Wirtschaftsministerin nimmt Startups ernst.
Es war der erste Auftritt der neuen Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) vor einer reinen Startup-Crowd. Zur Eröffnung der Gala zur Verleihung der German Startup Awards des Startup Verbandes hielt sie vor rund 500 Gästen – darunter überwiegend Gründerinnen und Gründer, Investorinnen und Investoren sowie andere Prominenz des Startup-Ökosystems – eine Rede. Darin zählte die Ministerin acht Punkte auf, wie die Bedingungen für Startups und Unternehmensgründungen in Deutschland verbessert werden können. Alle wurden vom Publikum eifrig benickt. Einige standen so auch im Wahlprogramm der CDU, andere auf der „Innovationsagenda 2030“, die der Startup Verband unter der Führung der Vorstandsvorsitzenden Verena Pausder vor einigen Monaten bereits vorgelegt hatte.
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So findet auch Reiche, Deutschland brauche eine One-Stop-Shop-Lösung für Startup-Gründungen und erinnerte: In Estland dauere es nicht einmal eine Stunde, ein Unternehmen zu gründen, in Deutschland hingegen im Schnitt sechs Wochen. Das Hiring ausländischer Fachkräfte müsse einfach werden. Sie sprach in diesem Zusammenhang von einer „Work & Stay-Agentur“. Und Englisch als Verkehrssprache in deutschen Behörden sei in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Notwendigkeit, so die Ministerin.
Reiche adressierte auch das Thema Investitionen: „Wachstum braucht Wagnis“, sagte sie. Denn ohne Wagnis – oder genauer: Wagniskapital – gingen Startups mit ihren Innovationen früher oder später ins Ausland, um dort weiter zu wachsen. Das sei, so Reiche, „wie die Früchte der eigenen Ernte am Gartenzaun einfach abzugeben.“ Sie bestärkte die unter anderem von ihrem Amtsvorgänger Robert Habeck (Die Grünen) angetriebenen Initiativen in Sachen Risiko- und Wachstumskapital für Startups wie den Zukunftsfonds und sprach auch davon, wie mit staatlichen Geldern private Investitionen in Wagnisunternehmen gehebelt werden sollen.
Bei den Themen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und Mutterschutz für Selbstständige – auch etwas, das sie als wichtig erachte – brachte Reiche ihre persönliche Erfahrung ein. Sie selbst habe drei Kinder, berichtet sie. Als diese geboren wurden, habe es für sie als Abgeordnete des Bundestags auch keine überzeugende Mutterschutzregelung gegeben. Ein Problem also, das sie nachfühlen kann.
Sie sprach in ihrer Rede auch von ihren eigenen Erfahrungen als Unternehmerin vor den anwesenden Unternehmerinnen und Unternehmern im Tipi am Kanzleramt. Als solche wisse sie, wir komplex und aufwändig Anträge für Forschungszulagen oder Fördermittel seien – zu aufwändig für Startups.
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Zu Beginn ihrer Rede knüpfte die Ministerin am leidenschaftlichen Appell für mehr positive Energie an, den die Vorstandsvorsitzende des Startup-Verbandes, Verena Pausder, in ihrer Eröffnungs-Keynote platziert hatte. Überall, wo sie in den ersten Tagen ihrer Amtszeit hingekommen sei, so Reiche, sei die Stimmung „trüb bis pessimistisch“ gewesen. Bei den Startups hoffe sie nun, könnte das anders sein. Denn so sei es doch schon in den bildhaften Garagen im Silicon Valley gewesen und so sei es in den Coworkingspaces dieses Landes: „Das Kapital ist knapp, die Zweifel sind groß, aber der Glaube an die eigene Vision ist noch größer“, so Reiche.
Pausder hatte zuvor in ihrer Rede ihren Wunsch nach mehr „Weltklasse ‚Made in Germany‘“ wiederholt, der wahr werden könnte, wenn es weniger Bürokratie, mehr Kapital und größere Unterstützung für Unternehmertum in Deutschland geben würde. Dafür, hatte Pausder in der Vergangenheit gefordert, müssten „Startups Chefsache werden“. Die Tatsache, dass Reiche am siebzehnten Tag ihrer Amtszeit auf einer Startup-Veranstaltung sprach, dürfte wohl als ein Zeichen gesehen werden, dass sie das Thema zumindest auf ihren Radar nimmt.
businessinsider